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Kapstadt - Was für eine Stadt

Was für eine Stadt!

Wer eine Reise plant, muss sich normalerweise entscheiden: ein spannender Städtetrip, ein paar Tage am Strand oder ein Ausflug in die Berge? Kapstadt nimmt Ihnen diese Entscheidung ab - eine Stadt mit bewegter Geschichte, phantastischen Restaurants und einer lebendigen Kulturszene. Umgeben ist sie vom Atlantik und weißen Sandstränden, und über allem thront der Tafelberg mit schroffen Felsen und wilder Vegetation. Unmittelbar vor der Stadt schließen sich die Wine Lands mit traumhaften Ausblicken und renommierten Weinfarmen an. Die Garden Route schließlich, die etwa vier Autostunden entfernt beginnt, ist ein Landstrich voll üppig bewachsener Natur und bezaubernder Strände.

Das Ritual wiederholt sich jedes Jahr am ersten Adventssonntag: Die Kapstädter strömen in die Adderley Street, eine vierspurige Straße in der Innenstadt, die an diesem Nachmittag für den Verkehr gesperrt ist. Auf der Bühne treten südafrikanische Popstars und Tänzer auf, um die Wartezeit auf den großen Moment nach Einbruch der Dunkelheit zu verkürzen. Dann wird die bunte Weihnachtsbeleuchtung über der Straße angeknipst. Kurz bevor der Moderator beginnt, die Sekunden herunterzuzählen, schreit er in sein Mikrophon: „Ist Kapstadt nicht die schönste Stadt der Welt?“ Und Zehntausende Kapstädter reißen die Arme nach oben, bejubeln ihre Stadt und ein bisschen auch sich selbst.

In Momenten wie diesen spürt man, wie stolz die Kapstädter auf ihre Stadt sind. Sie nennen sie Mother City - die Mutter aller Städte. Diesen Namen verdankt Kapstadt der Tatsache, dass sie die älteste Stadt des Landes ist: Vor über 300 Jahren haben die ersten europäischen Siedler hier ihr Lager aufgeschlagen. Und sie waren damals wahrscheinlich genauso verzaubert von der natürlichen Pracht zwischen Tafelberg und dem Ozean wie jeder, der heute zu Besuch kommt.

Im Zentrum der heutigen Drei-Millionen-Metropole liegt das mächtige, 1086 m hohe Tafelberg-Massiv, in dessen Schatten es sich die Innenstadt gemütlich macht. Um den Stadtkern, in dem die Hochhäuser des Geschäftsviertels neben kleinen, viktorianischen Villen stehen, reihen sich viele, ganz unterschiedliche Stadtteile zu beiden Seiten um das Felsmassiv, das vom Tafelberg aus in verschiedene Bergketten übergeht. Dazu gehört das schicke Camps Bay zur einen Seite genauso wie das alternative Studentenviertel Observatory zur anderen. Und erst, wenn man vom Tafelberg aus über die weite Fläche blickt, die sich südwärts bis zum Horizont erstreckt, bekommt man einen Eindruck davon, wie groß diese Stadt ist: 2 Mio. Menschen, das ist über die Hälfte der Bevölkerung, leben nicht in unmittelbarer Nähe zu Bergen und Atlantik, sondern in den Blechhütten und Häusern der Townships. Die gesamte Halbinsel, an deren Kopf Kapstadt liegt, reicht bis zum Kap der Guten Hoffnung. Auf ihr wechseln sich idyllische Örtchen direkt am Meer mit rauer, scheinbar unberührter Natur ab.

Was Kapstadt und seine Umgebung so einzigartig macht, ist die verschwenderische Schönheit, mit der die Natur die Südwestspitze Afrikas beschenkt hat. In den Bergen kann man nicht nur tolle Wanderungen unternehmen, sondern auch Ausblicke genießen, die man andernorts nur im Flugzeug kurz vor der Landung erlebt. Der Atlantik spült sein klirrend kaltes Wasser an die Strände, von denen es hier so viele gibt, dass sich jeder dort in den Sand betten kann, wo er sich am wohlsten fühlt: In Clifton und Camps Bay liegen diejenigen, die ihre neu erworbene Bräune anschließend in einem der Szenecafés an der Promenade von Camps Bay zur Schau stellen. Etwas weiter außerhalb, an der False Bay, treffen sich Großfamilien gern zum Picknick und lassen die Kleinen Fußball spielen. Und über allem steht die Sonne, die gegen sechs Uhr aufgeht, abends in spektakulären Untergängen in den Ozean eintaucht und im Sommer nur selten von Wolken verdeckt wird.

Die Kapstädter lassen sich von so viel Schönheit gerne anstecken. Ihre Freundlichkeit ist genauso unerschütterlich wie der Tafelberg. Auf ihre Gemütlichkeit sind die Kapstädter aber mindestens so stolz wie auf ihren Charme. Mit einem Schmunzeln erzählen sie, dass die Stadt eigentlich deshalb Mother City heiße, weil hier alles mindestens neun Monate brauche, bis es fertig ist. Diese Gemütlichkeit ist aber nicht der Grund, warum Kapstadt im zweiten Jahrzehnt nach den ersten demokratischen Wahlen 1994 noch immer vor immensen Herausforderungen steht. Das Erbe der Apartheid lastet schwer auf der Stadt, und die Politiker führen einen leidenschaftlichen Kampf, um die Probleme zu lösen. Die offenbaren sich vor allem darin, dass eine reiche Minderheit auf eine große Mehrheit prallt, die mit den Folgen extremer Armut zurechtkommen muss. Die HIV/Aids-Pandemie etwa, deren Epizentrum in Südafrika liegt, trifft vor allem die Armen in den Townships. Dass Nelson Mandela nach seiner Freilassung im Februar 1990 auf den Balkon der City Hall trat, um zu Tausenden jubelnder Kapstädter zu sprechen, war der erste Schritt für den Aufbau einer neuen Demokratie. Doch bis die Kapstädter tatsächlich zu der Regenbogennation zusammenwachsen, wie sie die bunte Flagge des Landes symbolisiert, wird noch einige Zeit vergehen. Denn bislang bleiben die einzelnen Bevölkerungsgruppen nach wie vor weitgehend unter sich. Die so genannten Afrikaaner, die Nachfahren der holländischen Einwanderer, und die Nachkommen der Briten leben genauso hier wie Schwarze und die so genannten coloureds, deren Wurzeln in den Verbindungen zwischen Europäern und Sklaven aus Afrika und Asien liegen. Viele erhoffen sich bei der Lösung der sozialen Schwierigkeiten einen gewaltigen Schub von der Fußballweltmeisterschaft, die im Juni 2010 unter anderem im neuen Stadion von Green Point ausgetragen werden wird.

Um zu verstehen, warum im Schatten des Tafelbergs so viele unterschiedliche Rassen leben, genügt ein kurzer Blick in die über 300-jährige Stadtgeschichte. Die Gründer waren holländische Seefahrer, die hier eine Versorgungsstation für die „Vereenigde Oost-Indische Compagnie“ (VOC) einrichteten. Die Organisation trieb Handel zwischen den Niederlanden und Südostasien. Im 17. und 18. Jh. machten die Holländer, angeführt von den Gouverneuren Jan van Riebeeck und Simon van der Stel, aus der Zwischenstation eine florierende Kolonie. Vom dadurch erreichten Wohlstand profitierten allerdings nicht alle Kapstädter gleichermaßen: Die schwarze Urbevölkerung wurde in dieser Zeit genauso versklavt wie die aus Südostasien eingeschifften Arbeiter.

Zum Ende des 18. Jhs. sank der Stern der holländischen Schifffahrt, die VOC ging bankrott, und die Briten übernahmen das Kommando. Zu dieser Zeit war Kapstadt eine blühende, wenn auch noch unbedeutende Provinzstadt. Als Mitte des 19. Jhs. in Kimberley, ungefähr auf halber Strecke zwischen Kapstadt und Johannesburg, das größte Diamantenvorkommen der Welt und später um Johannesburg Gold entdeckt wurden, entwickelte sich Kapstadt mit seinem Hafen zu einem bedeutenden Umschlagplatz. 1910 wurde Kapstadt schließlich zur legislativen Hauptstadt der von den Briten gegründeten Union of South Africa ernannt, und noch immer tagt das südafrikanische Parlament in Kapstadt in Kammern, deren Aussehen dem ihrer britischen Vorbilder nachempfunden ist.

Die Apartheidsära des 20. Jhs. zementierte die sozialen Strukturen der Stadt. Der Group Area Act aus dem Jahr 1950 galt als Rechtfertigung für die Vertreibung der Schwarzen und coloureds aus vielen Gebieten der Innenstadt. Die Weißen residierten hauptsächlich in den teuren und herausgeputzten Gegenden am Meer oder in den ruhigen Vororten. Für etwa die Hälfte der Bevölkerung blieben nur die Baracken- und Blechhüttensiedlungen außerhalb der Stadt.

Eine Frage, die sich vor einer Reise nach Kapstadt jeder stellt, ist die nach der eigenen Sicherheit. Wer sich an bestimmte Regeln hält, erlebt eine ebenso schöne wie sichere Zeit. Die wichtigste Regel lautet: Übertriebene Ängstlichkeit ist genauso unangebracht wie zu großer Leichtsinn. So können Sie sich auf eine Stadt einlassen, deren Schönheit Sie genauso einnehmen wird wie der Optimismus ihrer Bewohner, von dem man sich gerne anstecken lässt. Und wenn Sie dann am Ende Ihres Aufenthalts aus dem Flugzeugfenster einen letzten Blick auf die Stadt und den Tafelberg werfen, bevor der Flieger Kurs auf Europa nimmt, werden sie nachvollziehen können, warum die Kapstädter so stolz darauf sind, an der Südwestspitze Afrikas zu leben.

Entnommen der Süddeutschen Zeitung